Jessika ist eine Kämpferin und lässt sich niemals unterkriegen. Sie verbreitet immer gute Laune, liebt den FC St. Pauli und das Tanzen.
Ich heiße Jessika und bin 31 Jahre alt. Geboren wurde ich am 8. März 1994 im Lüneburger Krankenhaus. Meine Mutter, Silke, und mein Vater, sowie meine große Schwester Franziska, die sieben Jahre älter ist als ich, lebten damals in Adendorf.
Als ich geboren wurde, wussten meine Eltern nicht, dass ich das Down-Syndrom haben würde. Es war nicht sofort klar, dass ich es hatte, auch nicht direkt nach meiner Geburt per Kaiserschnitt. Mein Blut wurde dann zu Untersuchungen nach Lübeck geschickt. Dort stellte man fest, dass ich das Down-Syndrom habe. Meiner Mutter wurde daraufhin eine Broschüre über das Down-Syndrom gegeben, zusammen mit der Bemerkung, dass es auch gute Heime für Kinder wie mich gebe. Sie war schockiert und konnte kaum fassen, was da zu ihr gesagt wurde. Sie hatte das Gefühl, dass die Ärzte überfordert waren, im Gegensatz zu den Krankenschwestern und Hebammen, die uns sehr unterstützten.
Kurz nach der Geburt stellte sich heraus, dass ich auch einen Herzfehler hatte. Das kommt bei Mensnchen mit Down-Syndrom oft vor. Ich musste in eine Spezialklinik nach Hannover, wo ich um mein Leben kämpfte. Ich konnte nicht genug essen und wurde künstlich ernährt. Mit sieben Wochen hatte ich eine Vorab-Operation, doch die große Herz-OP zögerte sich immer wieder hinaus. Für meine Eltern und meine Schwester war das eine sehr harte Zeit. Meine Eltern pendelten ständig zwischen Hannover und Adendorf, um bei mir oder meiner Schwester zu sein. Die Ärzte gaben uns immer wieder Hoffnungen, doch eine endgültige Lösung kam nicht. Schließlich fanden wir einen Arzt in Tübingen, der sich bereit erklärte, die schwierige Operation durchzuführen. Es war für mich extrem anstrengend, aber ich habe es geschafft – stark und voller Lebenswillen. Heute habe ich zum Glück ein stabiles Herz.
Nach der Operation kam ich in den Kindergarten in Adendorf. Meine Mutter musste viele Gespräche führen, aber es hat sich geloht. In diesem Kindergarten wurde nur für mich eine integrative Gruppe gebildet. Ich habe dann dort viele Freunde und Freundinnen gefunden und fühlte mich sehr wohl.
Meine Schulzeit begann ebenfalls mit ein paar Schwierigkeiten. Ich kam in die Grundschule, die auch in Adendorf war, doch es gab anfangs nur eine Integrationsklasse, die schon weiter war als ich. Nach einigen Auseinandersetzungen mit dem damaligen Direktor der Schule am Knieberg in Lüneburg und unschönen Bemerkungen zu meiner Mutter wie „Sie müssen jetzt begreifen, dass Sie ein behindertes Kind haben“, durfte ich in die Kooperationsklasse einsteigen. Schließlich besuchte ich bis zur 8. Klasse die Mittelschule „Am Katzenberg“, wo ich das Lesen und Schreiben lernte und eine tolle Zeit in Adendorf hatte.
Dann kam die Leukämie. Es ging mir eine Zeit lang immer wieder schlecht, ich hatte starke Schmerzen, aber keiner wusste, was ich hatte. Es dauerte eine Weile, bis mein Arzt die richtigen Tests anordnete, nachdem meine Mama einfach nicht lockergelassen hat. Sie konnte nicht mehr mit ansehen, dass es mir nicht besser ging. Die Diagnose, die dann kam, hat uns umgehauen: akute Leukämie! Wir mussten sofort ins Krankenhaus nach Hamburg / St.Georg, da meine Blutwerte so extrem schlecht waren. Dort wurde ich dann 1,5 Jahre behandelt. Doch auch in dieser Zeit blieb ich immer stark und meine Mama und meine Schwester waren jeden Tag bei mir. Ich bin auch großer Fußballfan und der FC St. Pauli Fußballverein war auch gleich um die Ecke. Wir machten das Beste aus der Situation und meine Familie dekorierte mein Krankenzimmer mit vielen St. Pauli Postern. Ich habe sogar vom FC St. Pauli Post mit Fankarten von allen Spielern direkt ins Krankenhaus geschickt bekommen! Nach Bestrahlung und Chemotherapie erhielt ich schließlich auch eine Stammzelltransplantation, die gut verlief. Das heißt, ein fremder Mensch hat mir Blut gespendet, was mir das Leben rettete! Mittlerweile spiele ich nun selbst Fußball im Team der Bananenflanke im TSV Adendorf.
Tanzen war immer eine meiner Leidenschaften. Ich bin früher immer zu einem Tanzkurs gegangen. Heute arbeite ich bei der Lebenshilfe. Ich habe auch mal ein Praktikum im Tierheim gemacht und in verschiedenen Abteilungen der Lebenshilfe gearbeitet. Doch die Textilabteilung ist die richtige für mich und es macht mir Spaß. Hier bin ich zufrieden.
Seit fünf Jahren habe ich auch einen festen Freund, Miguel. Wir sind sehr glücklich zusammen und planen unsere Hochzeit. Noch wohnen wir beide zu Hause, aber mal schauen, was die Zukunft noch bringt. Das Leben stellt mich immer wieder auf die Probe und im Laufe der Zeit hatte ich mehrere Schlaganfälle, die meiner Familie große Sorgen bereiteten. Aber auch die habe ich überstanden, bin stark und ich lasse mich niemals unterkriegen. Vor allem, weil meine Familie immer für mich da ist. Ganz besonders aber danke ich meiner tollen Mama, die immer für mich da ist und einfach alles für mich gibt. Danke Mama. Ich hab Dich lieb.

