Ralf wuchs auf einem Bauernhof in Osnabrück auf. Heute lebt er in Embsen, ist in einer Beziehung und
engagiert sich in der Lebenshilfe.
Mein Name ist Ralf Dobbelhoff und ich bin 55 Jahre alt. Ich bin der jüngste von vier Geschwistern und habe meine Kindheit auf einem großen Bauernhof im Landkreis Osnabrück verbracht. Es war eine unbeschwerte Zeit. Ich liebte es, bei der Arbeit im Stall zu helfen, die Tiere zu versorgen und einfach Teil der Familie zu sein. Als ich geboren wurde, gab es noch keine Früherkennung wie heute. Als die Ärzte bei meiner Geburt entdeckt haben, dass ich das Down-Syndrom habe, sagten Sie es erst meinem Vater und nicht meiner Mutter. Als sie es dann erfahren hat, hat es für sie aber keinen Unterschied gemacht. Sie war von Anfang an immer stolz auf mich und war bereit für das besondere Leben, was uns bevorstand.
Als ich klein war, ging ich zuerst in einen normalen Kindergarten, doch schnell merkten meine Eltern, dass es für mich nicht der richtige Ort war. Ich fühlte mich oft ausgeschlossen. Also kam ich in eine „beschützende Werkstatt“, wo Menschen wie ich mit Behinderungen zusammenarbeiten und wachsen können. Es war eine wichtige Entscheidung für mich, die es mir ermöglichte, mich weiterzuentwickeln, ohne mich ständig anders zu fühlen. Und so ging es immer weiter. In meiner ersten Wohngemeinschaft in Bersenbrück, mit anderen Menschen mit Down-Syndrom, fühlte ich mich endlich richtig zu Hause. Ich konnte jederzeit meine Eltern besuchen, wann immer ich wollte, aber gleichzeitig fand ich meinen Platz in einer Gemeinschaft, in der man sich unterstützte und gegenseitig half.
Ein großer Teil meines Lebens war und ist die Arbeit. Ich habe in verschiedenen Werkstätten der Lebenshilfe gearbeitet, z.B. für den Kunden Roy Robson, und ich habe nie aufgehört, mich gebraucht zu fühlen. Die Arbeit war meine Aufgabe, meine Mission. Ich habe dort auch einige meiner besten Freunde kennengelernt und ich bin stolz darauf, dass ich in meinem Leben viele Dinge selbst erledigen konnte, auch wenn ich nie ein „normaler“ Arbeiter war. Heute genieße ich meinen Ruhestand, aber das „Helfen“ ist immer noch mein Ding. Egal ob beim Kochen, beim Spazieren oder bei einem einfachen Spiel – zu wissen, dass ich gebraucht werde, ist für mich immer noch wichtig.
Ein Highlight meines Lebens war es, als ich Claudia traf. Wir haben uns bei der Arbeit in der Lebenshilfe kennengelernt und mittlerweile sind wir seit anderthalb Jahren zusammen. Es sind die einfachen Momente, die uns verbinden. Wir kochen gemeinsam, schauen Fernsehen und gehen zusammen spazieren – das ist für mich pure Freude. Doch nicht alles in meinem Leben ist immer einfach. Ich leide an Demenz, und mit der Zeit merke ich, dass mir immer mehr Dinge schwerer fallen. Aber ich gebe nicht auf. Mein Körper wird älter, und die körperlichen Herausforderungen nehmen zu, aber ich habe nie aufgehört, die Zuversicht zu bewahren. Ja, es ist nicht immer leicht, aber das Leben hat mir immer gezeigt, dass man durchhalten muss, um die schönen Momente zu genießen.
Einer meiner größten Träume, den ich mir unbedingt noch erfüllen möchte, ist es, mit Freunden in einem kleinen Flugzeug zu fliegen und die Welt von oben zu sehen. Ich weiß, dass es nicht immer einfach ist, Träume zu verwirklichen, aber ich habe nie aufgegeben, auch wenn das Leben manchmal schwer war. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass mehr Unternehmen in der freien Wirtschaft Menschen mit Down-Syndrom eine Chance geben, sich zu beweisen. Es ist wichtig, dass wir gesehen werden, dass man uns nicht nur als Menschen mit einer Behinderung sieht, sondern als Menschen mit Fähigkeiten, mit Träumen, mit Wünschen – genauso wie jeder andere. Ich habe viel erreicht und weiß, dass noch viel mehr möglich ist, wenn man sich nicht aufgibt.
Ich bin auch ein leidenschaftlicher Fußballfan. FC Bayern! Früher war ich ein großer Anhänger vom VFL Osnabrück und HSV. Aber Fußball ist nicht nur mein Sport, sondern auch eine Leidenschaft, die mich immer wieder motiviert hat, mein Bestes zu geben. Tischtennis habe ich auch früher oft gespielt und sogar Pokale gewonnen – das war ein tolles Gefühl! Jetzt, mit meinen 55 Jahren, schaue ich zurück und bin stolz auf das, was ich erreicht habe. Ich habe viel erlebt, habe Freunde gefunden, habe mich in Wohngemeinschaften und an vielen Orten „zu Hause“ gefühlt. Das Leben hat mir immer gezeigt, dass es nie nur darum geht, was einem fehlt – sondern was man selbst aus dem macht, was man hat.

