Ein Mädchen, das die Welt auf ihre Weise erobert.
Mit ihrer Energie, ihrem Mut und einem strahlenden
Lächeln verzaubert sie uns.
Ich heiße Rosalie-Livia Lüsch, aber alle nennen mich Rosie. Ich bin 8 Jahre alt und lebe in einer Patchworkfamilie. Meine Mama heißt Martina und ist meine beste Freundin. Sie ist immer für mich da, auch wenn ich manchmal ein bisschen nervig bin. Ich hab noch drei Geschwister – Leni, Michel und Lucy. Leni ist 17, Michel ist 23 und Lucie ist 25, aber sie ist gerade nach Kanada gezogen. Ich vermisse sie und unsere Pizza Parties wirklich sehr, aber wie gut, dass ich noch ganz viele Menschen um mich habe, die mich lieb haben. Mein Papa wohnt nicht bei uns, er lebt in Bardwick. Aber am Wochenende gehe ich immer zu ihm, und dann machen wir ganz viel zusammen. Ich mag es, Zeit mit meinem Papa zu verbringen. Ich weiß noch, dass Mama mir immer erzählt, wie alles war, als ich noch im Bauch war.
Mama hat gefühlt, dass irgendwas anders war als in den Schwangerschaften meiner Geschwister. Beim Ultraschall war dann ein „weißer Fleck“ auf meinem Herzen zu sehen. Die Ärztin sagte dann, dass es sein könnte, dass ich anders bin, aber Mama wusste, dass sie mich trotzdem lieb haben würde. Ich habe mich schon damals im Bauch von Mama so richtig viel bewegt. Die Ärztin sagte, dass ich mich nicht so oft bewegen würde, aber das hat nicht gestimmt. Ich habe immer getanzt und gewirbelt. Mama und Papa haben sich nicht gewundert, dass ich anders war. Sie haben mich trotzdem lieb gehabt und gesagt, dass sie mich unbedingt haben wollten, egal was passiert.
Als ich auf die Welt kam, war alles erstmal etwas spannend. Ich hatte zwei kleine Löcher im Herzen, aber die sind von alleine zugewachsen. Aber in den ersten Tagen mussten sie mich immer an Geräte anschließen, damit sie sicherstellen konnten, dass es mir gut geht. Manchmal fühlte es sich komisch an, wenn man an einem Kabel hing, aber es war nichts, was mich wirklich gestört hat. Ich hatte immer viel zu tun. Schlafen war nie mein Ding. Mama sagt, dass das bei vielen Kindern mit Down-Syndrom so ist. Aber das war mir eigentlich egal, ich wollte immer weitermachen. Mama sagt, ich sei eine schlechte Schläferin, aber ich habe das Gefühl, dass ich einfach zu viele tolle Dinge verpasse, wenn ich schlafe.
Schon mit drei Monaten ist Frau L. von der Lebenshilfe zur Frühförderung zu uns gekommen. Sie hat mit mir ganz viel gespielt. Der Tag, an dem sie immer zu uns kam, war immer mein Highlight. Seitdem ich zur Schule gehe, kann Frau L. leider nicht mehr kommen. Ich vermisse sie wirklich sehr. Ich spiele natürlich auch gerne mit meiner Mama, aber Frau L. spielt einfach am besten.
Als ich dann ein bisschen älter wurde, wollten Mama und Papa, dass ich in den Kindergarten gehe. Und das war gar nicht so einfach. Ich hatte ganz große Schwierigkeiten, mich von Mama zu trennen und dazu kam, dass ich zuerst nicht so großes Interesse an anderen Kindern hatte. Ich ging dann in den Waldorfkindergarten, aber ich musste immer wieder nach Hause gehen. Es war einfach zu viel für mich.
Dann kam Corona, und wir konnten nicht weitermachen. Aber das war okay, Mama und ich haben es zusammen durchgehalten. Nach Corona ging es dann viel besser. Ich habe nicht mehr geweint, wenn Mama mich alleine im Kindergarten gelassen hat. Es hat mir sehr geholfen, dass ich im Kindergarten in einer kleinen Gruppe mit 12 Kindern war. Eine große Gruppe mit 24 Kindern hätte mich total überfordert. Langsam fand ich es dann richtig gut auch mir anderen Kindern zu spielen.
Mittlerweile gehe ich in die 2. Klasse der Hofschule in Wendisch Evern. Das ist der heilpädagogische Zweig der Waldorfschule Lüneburg. Die Schule ist klein und dort kenne ich alle Kinder gut. Die Lehrer und Lehrerinnen sind nett zu mir, und wir machen viele Sachen zusammen. Am Anfang wollten Mama und Papa, dass ich in einer normalen Klasse mit einer Schulbegleitung bin, aber Mama hatte Angst, dass es mir zu viel wird. Sie wollte nicht, dass ich überfordert werde. Deswegen gehe ich jetzt in eine ganz besondere Klasse und es gefällt mir gut. Es ist viel ruhiger, und ich kann mich auf alles konzentrieren, was wir lernen.
Ich mag es, mit meinen Klassenkameraden zu spielen und zu lernen. Manchmal ist es mir aber sogar in dieser kleinen Klasse etws zu laut und dann setze ich meine Lärmschutzkopfhörer auf, damit ich mich konzentrieren kann. Aber ich mag es, wenn ich mit anderen zusammen sein kann. Ich wünsche mir so sehr, dass ich einmal eine beste Freundin habe, mit der ich spielen kann. Vielleicht wird das ja irgendwann mal passieren. Ich weiß auch, dass Mama immer für mich da ist. Sie hilft mir, wenn es schwierig wird. Sie sagt immer, dass ich die Welt erobern kann, wenn ich will.
Mama sagt immer, dass ich sehr viel Potential habe. Sie sagt, ich kann noch so viele Sachen machen. Ich bin gerne aktiv, und ich mag es, wenn es viel zu tun gibt. Am liebsten gehe ich schwimmen. Mama und Papa wünschen sich für mich, dass ich nach der Schule eine Arbeit finde, die mich wirklich glücklich macht. Auf jeden Fall mit Menschen, die mich unterstützen und so nehmen, wie ich bin. Leider gibt es immer noch zu wenig Firmen, die Menschen wie mir eine Chance auf dem Arbeitsmarkt geben. Ich weiß aber, dass Mama mir immer hilft, wenn ich etwas lernen möchte. Die Zukunft ist manchmal ein bisschen beängstigend, aber ich glaube, dass ich alles schaffen kann. Ich hoffe, dass ich irgendwann Menschen finde, die mich lieben, so wie ich bin. Mama sagt, das ist das Wichtigste: Liebe und Vertrauen.
Ich werde meine Zukunft auf jeden Fall selbst gestalten, und ich bin bereit dafür. Denn ich weiß, dass ich stark und mutig bin. Und wenn ich mal nicht weiter weiß, dann bin ich mir sicher, dass Mama immer bei mir ist. Zusammen können wir alles schaffen.

